Systemische Organisationsentwicklung


Sozialprozess-Optimierung

(… oder über die Einführung von Betrieblichem Gesundheitsmanagement – BGM.
Aber zunächst: vom Allgemeinen zum Speziellen:)

Unternehmen, die ich begleite, geben viel Geld aus für ihre Produktionsprozess-Optimierungen.

Das ist sinnvoll, weil hier mit eindeutigen Ursache-Wirkungs-Ketten ein klarer Erfolg der Anstrengungen geprüft, entworfen, geplant, umgesetzt und auch nachgewiesen werden kann.

Ein (zumindest gedanklich) weniger bis unbeackertes Feld ist die Sozialprozess-Optimierung.

Zwar werden Erfahrungen anerkannt, dass etwa die aufbau- und ablauforganisatorischen Prozesse und Strukturen, die damit einhergehenden Regeln und Regelungen großen Einfluss auf das je individuelle Verhalten von Mitarbeitenden jedweder Hierarchieebene haben, aber potentielle Optimierungen auf diesem Handlungsfeld werden weniger gern angegangen.

Das ist auch verständlich, wenn man weiß, dass soziale Systeme – im Gegensatz zu technischen Systemen – das Prinzip Versuch und Irrtum bzw. das Prinzip Test und Wiederholung (fast) nicht tolerieren.

Mir drängt sich hier der Vergleich mit einem (landwirtschaftlichen) Freiland-Versuch auf. Einen solchen können Sie niemals exakt wiederholen. Alleine klimatische Bedingungen, Sonnenscheindauer, Beschattung, Bestäubung durch Insekten etc. pp. können Sie angesichts der Vielfalt der Variablen niemals exakt wiederholen.

Vor derselben Herausforderung stehen Sie in der Umgestaltung, Steuerung und Veränderung sozialer Konstrukte wie Unternehmen oder eben Organisationen allgemein. Jede Handlung (und Unterlassung) wirkt und lässt sich nicht testen. Damit bleiben Ihnen nur

  • Plausibilität und
  • Wahrscheinlichkeit

für die (hoffentlich) gezielten / zielgerichteten Interventionen.

Wenn dann noch hinzu kommt, dass diese, Ihre Interventionen, womöglich nicht linear-mono-kausal wirken werden, sondern stets ein Gemengelage multivariater Faktoren vorliegt, lässt diese Herausforderung Viele zurück schrecken.

Ein Beispiel:

Die Idee beim Kunden lautete: wir wollen etwas für unsere Mitarbeitenden tun. Und zwar dagegen, dass wir so viele Krankheitstage haben, weil uns die Leute mit Rückenbeschwerden ausfallen.

Also müssen wir Rückentrainings anbieten. Und ein Sport-Raum soll auf dem Werksgelände geschaffen werden.

Damit sind wir dann sogar in der Prävention tätig und kurieren nicht nur die Symptome.
Aber woher kommen denn die Überlastungen, die Auslöser sind? –

Klar, ergonomische Fragen. Dann auch …
aus der Unvereinbarkeit von Familie und Beruf,
aus der zunehmenden Arbeitsdichte,
aus dem wenig konstruktiven Umgang in generationen-gemischten Teams. …

Also bauen wir eine eigene Kindertagesstätte, siedeln ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) an und bauen noch eine Werkskantine.

Aber damit das dann alles genutzt werden kann, müssen die Arbeitszeit-/ Schicht-Modelle verändert werden. Dann sollte im MVZ auch ein Kinderarzt sitzen, ….

Das Beispiel zeigt, dass hier ‚aus einer Mücke ein Elefant‘ wird.

Wie lässt sich das vermeiden? – Nur durch gezielte, klare Kommunikation. Und damit die Kommunikation nicht floppt, muss vorher das zugrunde liegende Denken eben auch wohl überlegt sein.

Streng nach dem Motto: Kommunikations-Flops sind Denk-Flops!

Und dann wird eben (erst mal) nur ein Thema angegangen. Dies aber beharrlich und in seiner Ernsthaftigkeit auch ganz konkret im Arbeitsalltag spür- und erlebbar. Dann taucht eben die Frage nach den gesund erhaltenden Massnahmen in jeder Besprechung des Leitungsteams auf. Dann werden Statistiken über Krankheitsfälle (mit Ausnahme Langzeit-Kranke) quartalsweise berichtet und mit Massnahme-Plänen hinterlegt. Dann findet eine betriebliche Eingliederung gezielt statt. Dann ist das Thema ‚Stimmung im Team‘ auf der Sitzungs-Agenda, ja dann tauchen auch immer wieder Unternehmens-Publikationen zu den Themen ‚Beschäftigungsfähigkeit sichern‘, ‚Fachkräfte halten‘ oder ‚Mitarbeitendengewinnung im ländlichen Raum‘ auf.

Solche (hier holzschnittartig skizzierten) Prozesse zur Sicherung der Lebens- und Überlebensfähigkeit von Unternehmen professionell zu gestalten, dazu braucht es Kraft, Anstrengung, Grips und auch das notwendige, kleine Quentchen Glück.
Diese Art der

  • Sozialprozess-Optimierung (!)

nenne ich professionelle Organisationsentwicklung, die es wert ist, noch viel durchdachter und eben

  • plausibel und wahrscheinlich

ihren Beitrag zu Wertschöpfung und strategischer Sicherung des Unternehmenserfolges zu leisten.

Denn der Umkehrschluss lautet nicht, dass ansonsten ‚alles den Bach runtergeht‘. Der Umkehrschluss lautet, dass Sie (als Führungskraft, als Fürsprecher für Ihre Organisation) Ihr wichtigstes Gut – nämlich Ihre persönliche Glaubwürdigkeit – auf Spiel setzen, im schlimmsten Fall verlieren, und in Konsequenz für Ihr Unternehmen/ Ihre Organisation wirkungslos sind.


„Das Nonprofit Paradox“ – oder …

… warum NPOs unter den Übeln leiden, welche sie zu kurieren suchen.

David La Piana hat dieses Phänomen (ge- oder vielleicht auch) er-funden. 

Wieso sind Einrichtungen der Behindertenhilfe blind für ihr eigenes behinderndes Verhalten?
Wieso machen Krankenhäuser krank?

Ursachen und Gründe wie auch Lösungsansätze liefert er gleich dazu.

Eine kurze Zusammenfassung seines Artikels in der SSIR habe ich für meine andere blog-Seite verfasst.


Methode: „Design Thinking“

Da verspricht einiges, ziemlich spannend zu werden.
Einerseits haben wir die Feststellung, dass die Fragen unserer Zeit zu komplex, zu system-übergreifend ’sind‘, wir andererseits aber an genau dieser Interdisziplinarität scheitern.

Vielleicht bietet eine neue (für mich zumindest) Methode hier einen gangbaren Weg: „Design Thinking“. Die Definition:

Design Thinking ist eine…

dt-process
Methode zur Entwicklung innovativer Ideen in allen Lebensbereichen. Entwickelt von David Kelley, dem Gründer der weltweit agierenden Design-Agentur IDEO, basiert das Konzept auf der Überzeugung, dass wahre Innovation nur dann geschehen kann, wenn starke multidisziplinäre Gruppen sich zusammenschließen, eine gemeinschaftliche Kultur bilden und die Schnittstellen der unterschiedlichen Meinungen und Perspektiven erforschen.
(Quelle: HPI-Institut nach www.geistesblitz.de)

6 Schritte, die flexibel kombiniert und auch wiederholt durchlaufen werden können und sollen:

  1. verstehen
  2. beobachten
  3. Sichtweisen definieren
  4. Ideen finden
  5. Prototypen entwickeln
  6. testen

Wer verstehen will, was Design Thinking ‚ist‘, dem sei der Artikel in der Stanford Social Innovation Review empfohlen.

2010WI_Features_DesignThinking

Ein Bericht in deutscher Sprache lässt sich hier nachlesen, (ein Beitrag in der neuen Zeitschrift „enorm – Wirtschaft für den Menschen„)
als Studiengang gibt es das Ganze hier
und Praxisbeispiele finden sich hier.

Und wer zu dieser Methode alles nachlesen möchte …

  •  in englischer Sprache gibt es auf der Seite  www.hcdtoolkit.com sowohl das
    • Human Centered Design Toolkit (HCD Toolkit) als auch den ergänzenden
    • Field Guide. (Bitte beides von dort aus downloaden.)
  • In deutscher Sprache und vielleicht überhaupt nicht äquivalent, das Design Thinking Buch – die Werbeseite mit Werbe-Video, Inhaltsverzeichnis etc. gibt es hier.

In Deutschland findet diese Methode gerade starken Zuspruch, weil der Transfer auf „echte“ Probleme beim Vision Summit 2010 bevor steht.

P.S. Der wurde gerade auf das Frühjahr 2011 verschoben. Schau mer mal.

Viel Glück – den Akteuren und uns allen!


Zum Wesen der Verschwörungstheorie

Das Wesen der Verschwörungstheorie ist, dass sie nicht widerlegt werden kann.

Die kommunikative Bedeutung habe ich in meinem anderen blog dargelegt.

Die Bedeutung für die Organisationsentwicklung reicht noch in eine andere Richtung: Setzen Sie einer Meinungsäußerung, welche verschwörungstheoretische Züge aufweist, nichts entgegen, so gewinnt diese Deutung der (konstruierten) Wirklichkeit womöglich in Ihrer Organisation an Bedeutung.

Wie Sie das „rein technisch“ tun/ lösen, ist hier beschrieben (Die Stichworte dazu lauten: Offenlegen und erlauben).

Aus organisationsentwicklerischer Perspektive ist es unumgänglich, für die Kompliziertheit der Welt auch noch andere Deutungen anzubieten und somit über diese andere Deutung Anschlusskommunikation zu ermöglichen.

Ein Beispiel: ‚Diese Fusion dient nur dazu, Kosten zu sparen – auf dem Rücken der Mitarbeiterschaft.‘
Setzen Sie hier nichts dazu und dagegen, also Ihre eigene Erklärung für Ihr Handeln, so wird diese Verschwörungstheorie als alleinige Erklärung für die Fusion in der Organisation die Gerüchteküche anheizen.
Leider wird es noch etwas komplizierter. Denn bis hierhin könnten Sie ja sagen: banale Erkenntnis. Für Sie unangenehm wird die Entwicklung, wenn Sie zwar ein mal erklärt haben, aus welchen anderen Gründen die Fusion erfolgt (etwa zur Sicherung der Kompetenz im Unternehmen und auf dem Markt; wiederum zur Sicherung der Arbeitsplätze und weil hier Zukunftsfragen bearbeitet werden (Langfriststrategie)). Sobald Sie aber bemerken, dass Ihre Deutung nicht diejenige ist, welche in der Organisation gehört und auf den Fluren diskutiert wird (sondern die verschwörungstheoretische), dann sind Sie dazu gezwungen, erneut und erneut und immer wieder Ihre Botschaften zu erzählen. Das Ganze mit dem Pathos und Unterton echter Betroffenheit (, dass Sie sich hier in Ihrem höchsten Gut, Ihrer Glaubwürdigkeit (!), angegriffen sehen). Nur dann, wenn Sie durchdringen, Ihre Lesart, Ihre Deutung des Handelns wahrgenommen und geglaubt wird, dann erst können Sie in Ihren Bemühungen nachlassen.

Wie Sie das konkret lösen können (, weil Sie ja ‚keine Zeit‘ haben, ständig nur in Besprechungen zu sitzen und bereits getroffenen Entscheidungen zu vermitteln): etwa mit technischen Hilfsmitteln wie blogs in Intranet – Das jüngste Gerücht.


Praxisbeispiel: Wie systemisches Denken nützen kann

In Change Management-Projekten begegnet mir immer wieder, dass Tabus, Denkverbote ausgesprochen werden. In meiner Wahrnehmung werden hier verschiedene Diskussionsebenen vermischt.

Zunächst gibt es die fachinhaltliche Diskussion. Hierfür bin ich in der Regel nicht der Experte. Diese können das in der Regel zu einem sinnvollen Ende diskutieren.

Die zweite Diskussion bewegt sich auf der ‚politischen‘ Ebene. Und in Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege (Alten-, Kranken-, Behindertenhilfe) – mit einer Außen- und einer Binnenperspektive für die Organisation.
Für die Außenperspektive möchte ich anmerken: es wird eine Frage nach dem gesamtgesellschaftlichen, politischen und im Besonderen auch sozialpolitischen Agieren und Taktieren gestellt.
Hier vertrete ich eine pragmatische Position. – Wie kennzeichnet sich meine pragmatische Position? Zunächst einmal mache ich mir klar, wie zum einen „öffentliche Verwaltung“, andererseits „Politik“ ‚denkt’/ ‚tickt‘, welcher inneren Eigenlogik deren Akteure folgen.

Die Eigenlogik einer öffentlichen Verwaltung beschreibe ich gerne wie folgt: Deren höchster Anspruch ist Effizienz (die Dinge auf die richtige Art und Weise tun). Meldet also jemand Bedarf an, wird zunächst geprüft: bin ich zuständig? Trifft dies zu, wird der Bedarf geprüft – und zwar auf Grundlage vorliegender Gesetze und Regelungen (bsp.: Wohngeld). Danach wird der Bescheid erstellt, die Leistung bewilligt. Zu guter letzt erfolgt die schriftliche Dokumentation und Ablage des gesamten Vorganges. – Was ist damit gewährleistet? Einerseits die Rechtssicherheit, andererseits ein ‚gerechter‘ Interessenausgleich, wie er von ‚der Politik‘ (über die verabschiedeten Gesetze etc.) vorgegeben ist.

Wie ‚funktioniert Politik‘? Nun zunächst einmal muss ein Thema als öffentlich relevant eingestuft werden. – Von wem? Von politischen Akteuren (Politikern), denen es immer um Macht zur Durchsetzung von Interessen gehen muss. Oder ganz nüchtern: es geht um Effektivität, also die ‚richtigen Dinge zu tun‘. Dafür brauchen sie Mehrheiten – zumindest in unserem demokratisch legitimierten System. Nur wenn ich klar abgrenzbare, mobilisierungsfähige Positionen und Botschaften abstecken kann, lohnt sich der Einsatz für ein Thema. Der Komplexität der Welt kann man dabei unmöglich gerecht werden. Dann gilt es, Mehrheiten zu mobilisieren, Entscheidungen herbei zu führen, über die ‚Erfolge‘ / erfolgreichen Wirkungen der umgesetzten Entscheidungen Öffentlichkeit herzustellen und schlussendlich sogar persönliches Image/ ‚Profit‘ herzustellen – denn ansonsten ist entweder das Thema tot oder gar die eigene Wiederwahl ungesichert. Und ohne Wiederwahl (als demokratisch legitimierte Form) kann auch (innerhalb von politischen Entscheidungsgremien) kein Thema vorangetrieben werden.

Mein Zwischenfazit: Wenn es notwendig sein sollte, ein Thema so zu verpacken, dass die politischen Akteure dieses Thema (z.B. Recht auf Teilhabe, Ausbildung, Wohngeld u.v.a.m.) als ‚gutes‘ Thema, ‚ihr‘ Thema entdecken und vertreten können, dann ist das zu tun.

‚Heiligt der Zweck die Mittel‘? – Diese Formulierung wäre mir zu krass, aber in bestimmten Fällen gibt es eben keine ‚einfachen‘ Antworten.

 

Für die Binnenperspektive möchte ich Fragen stellen:

  • Wie kennzeichnen Sie Ihre Arbeit und grenzen diese damit vom Arbeiten anderer ab?
  • Was stiftet Identität und Selbstverständnis?
  • Wo ziehen Sie Grenzen?
  • Wie also beschreiben Sie Ihre Kultur? (Im Sinne von: „So machen wir das hier.“)

 

Die Botschaft lautet immer:

  • Bitte erlegen Sie sich und anderen keine (defintorischen, normativ gesetzten, damit tabuisierenden) Denk- und Diskussionsverbote auf.

Die Bitte und Frage:

  • Was muss passieren, was wollen und können Sie wie auch andere (KollegInnen und Leitungsverantwortliche) tun, damit ein ‚offener‘ Diskurs stattfinden kann?

Die Zukunft des Kapitalismus

Die Reihe „Die Zukunft des Kapitalismus“ bei der F.A.Z. lässt viele zur Sprache kommen: Paul Kirchhof, Meinhard Miegel, Gunnar Heinsohn, Peter Sloterdijk, Fritz B. Simon, Heiner Flassbeck, Christoph Deutschmann u.v.a.m. Was für Sie davon neu ist? Entscheiden Sie selbst. Hier einige be-merken-swerte Schlaglichter: (in völlig unzulässiger Weise verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen, dargestellt)  

  • Paul Kirchhof – Verantwortlichkeit heißt Haftung
  • Meinhard Miegel – mit dem Vergleich von „Wachstum“ und „Ablasshandel“
  • Gunnar Heinsohn – zur Differenz von Besitz und Eigentum
  • Peter Sloterdijk – umgekehrte Ausbeutung
  • Fritz B. Simon – sinnstiftende Gegenbewegung
  • Heiner Flassbeck – zu Arbeit, Wetten, Zocken
  • Christoph Deutschmann – zu Überliquidität

Objektivität, Relativität, Steuerung

Selbstverständlich gibt es objektive Realitäten. Genauso selbstverständlich gilt dies nicht für soziale Realitäten. Warum? Hierzu ein kleines Experiment.


Systemische Organisationsentwicklung – wozu man das braucht

Organisationen bestimmen unser Leben. Manche möchte man/ frau verändern. Wie das geht oder gelingen könnte, dazu geben diese Seiten Hinweise.